Vorindustrielle Idylle am Fuße der Burg – Das sommerliche Ölgemälde zeigt einen damals noch ländlich wirkenden Straßenzug in Obermeisa: die heutige Jahnastraße 8 mit dem Haus Obermeisa 15 in der Mitte und den beiden heute nicht mehr bestehenden Nachbarhäusern links und rechts davon.

Das 1857 entstandene Werk Friedrich Otto Georgis zeigt eine Ansicht von Obermeisa
Das 1857 entstandene Werk Friedrich Otto Georgis zeigt eine Ansicht von Obermeisa

Am Hang gegenüber ist ein Obstgarten zu sehen, der gerade als Bleich- und Wäscheplan dient. Ein Stück abwärts davon liegt der Weinberg der Familie Krause. Im Hintergrund ragt der Burgberg auf. Neben den damals noch nicht vollendeten Domtürmen sind die Gebäude der Porzellanmanufaktur erkennbar, die bekanntlich noch bis 1863 ihre Produktionsstätte auf der Burg hatte. Von Obermeisa zur Albrechtsburg war der Arbeitsweg für den Porzellanmaler ein „Katzensprung“.

Rechts im Bild findet sich der Turm der für Obermeisa zuständigen Afrakirche. Die Gebäude dazwischen sowie Burglehn und äußeres Burgtor sind bewusst weggelassen.

Das dargestellte Haus Obermeisa 15 – zugleich Haus der Familie Krause/Rentzsch – wurde 1786 vom Porzellanmaler Johann Traugott Krause errichtet. Davon kündet bis heute der Schlussstein des Türgewändes: „JTK 1786“. Das Grundstück selbst hatte sich schon länger im Familienbesitz befunden, 1760 hatte es sein Vater Johann George Krause, Bote des Meißner Prokuraturamtes aus der Gemeinde Fischergasse gekauft.

Der Maler und sein Werk

Schöpfer des Werkes war der Maler Friedrich Otto Georgi, geboren 1819 in Leipzig. Als Teilnehmer der königlich-preußischen Expedition nach Ägypten 1844/45 gelangte er als „Maler des Orients“ zu großer Bekanntheit. Laut der bisherigen Kunstgeschichtsschreibung soll er sich von 1853 bis 1855 in Rom aufgehalten haben. Danach lebte er bis 1859 in Vorbrücke und malte hier unter anderem das Schloss Siebeneichen und Scharfenberg, vor allem aber eine stadtgeschichtlich wichtige Ansicht der 1855 abgerissenen Stadtschule. An ihrer Stelle steht heute die „Rote Schule“ als Ersatzneubau, der auch das Museumsdepot beherbergt. Im Jahr 1859 zog Georgi nach Dresden, wo er 1874 starb.

Steffen Förster, amtierender Leiter des Stadtmuseums und Kenner des Gemäldes, erklärt: „Mit Häuserreihe und der Weinberg im Zentrum und der repräsentativ „eingeschwenkten“ Albrechtsburg als Produktionsstätte der Porzellanmanufaktur, liegt die Vermutung sehr nahe, dass es sich bei der Häusergruppe in Obermeisa um ein Auftragswerk des damaligen Hausbesitzers und Manufaktur-Kontoristen Karl Gottlieb Krause an Otto Georgi handelt.“

Der Kreis schließt sich – so kam es zu der Schenkung

1875 heiratete der Bossierer Karl Emil Rentzsch (1852-1904) aus Vorbrücke in die Familie Krause ein und so wurde das Haus Obermeisa 15 das Familienhaus der Rentzschs. Obermeisa wurde 1928 nach Meißen eingemeindet.

Dieser Karl Emil Rentzsch, einer der aktivsten „Porzelliner“ seiner Zeit, war der Urgroßvater von Ullrich Rentzsch. Auch er ist in Meißen kein Unbekannter. Als Gründungsmitglied und zeitweiliger Vorsitzender des Verschönerungsvereins „Naturfreund“ regte er mehrere Grüngestaltungen in Meißen an: Die Moritzstraße, den streifenartigen, straßenbegleitenden Park in der Talstraße sowie die Gestaltung des Stadtparks, in dem ihm zu Ehren ein Gedenkstein stand. Davon befindet sich ein Fragment im Stadtmuseum.

Ullrich Rentzsch, der dem Stadtmuseum das Gemälde schenkte, wohnte selbst noch bis 1981 in der Jahnastraße 8, dem früheren Haus Obermeisa 15. In den vergangenen Jahren hat er die komplizierte Geschichte dieser Häusergruppe erforscht.

Die Verbindung des Stadtmuseums zu Familie Rentzsch reicht bis ins Jahr 2009 zurück. Damals hatte das Museum in Vorbereitung der Sonderausstellung zum 300. Jahrestag der Porzellanmanufaktur die Bürgerschaft gefragt: „Über wie viele Generationen lassen sich „Porzelliner“-Familien zurückverfolgen?“

Ullrich Rentzschs Vater, Fritz Rentzsch, konnte darlegen, dass sich seine Familie väterlicher- wie mütterlicherseits (Rentzsch und Krause) bis ins 18. Jahrhundert durchgehend auf Manufakturangehörige zurückverfolgen lässt.

Bereits für die Sonderausstellung zum 300. Jahrestag der Porzellanmanufaktur im Jahr 2010 erhielt das Stadtmuseum das Gemälde mit der Obermeisaer Häuserzeile als Leihgabe. Nach Fritz Rentzschs Tod 2012 erbte es sein Sohn Ullrich Rentzsch. Er ließ es restaurieren und stellte es dem Stadtmuseum vor drei Jahren als Geschenk in Aussicht. Nun konnte die Übergabe endlich erfolgen.

„2024 wird das Gemälde in der jährlichen Sonderausstellung mit Stadtansichten und Landschaften zu sehen sein“, kündigt Steffen Förster an.

Foto © Pressestelle der Stadt Meißen