Stundenlang allein gelassene Schwangere im Kreißsaal, Geburten im Rettungswagen, überfordertes medizinisches Personal: Schon ab nächstem Jahr wird dieses Szenario für viele werdende Familien zur Realität, sagen die Initiatoren der Petition gegen den neuen Hebammenhilfevertrag, der seit letztem Monat gilt.
Der Grund: Eine deutlich niedrigere Vergütung, extrem hoher bürokratischer Aufwand und unbezahlte Bereitschaftsdienste machen die Arbeit von Beleghebammen mittlerweile fast unmöglich, heißt es. Die parallele Betreuung mehrerer Frauen unter der Geburt – die im Klinikbetrieb Alltag ist – wird kaum oder gar nicht bezahlt. Ab der vierten Geburtsbegleitung gibt es 0 Euro – trotz voller Verantwortung!
Die Petition des Hebammenkontors Altona fordert daher die gesetzlichen Krankenkassen sowie das Gesundheitsministerium auf, den Vertrag grundlegend zu überarbeiten, damit eine sichere und individuelle Geburtshilfe gewährleistet werden kann.
385.460 Menschen haben bereits unterschrieben.
Die Initiatoren fordern den GKV-SV auf, den Hebammenhilfevertrag entweder zurückzunehmen oder grundlegend zu überarbeiten. Außerdem fordern wir das Bundesministerium für Gesundheit auf, gemeinsam mit uns die Ziele des Aktionsplans „Gesundheit rund um die Geburt“ zu verfolgen und sich somit klar gegen den Schiedsspruch zu positionieren
Mit dem Hebammenhilfevertrag drohen Einkommensverluste von bis zu 30 Prozent für freiberuflich tätige Dienstbeleghebammen.
Kritikpunkte am Vertrag:
- Dienstbeleghebammen erhalten nur noch 80 Prozent des geplanten Stundenlohns
- Für die Betreuung einer zweiten und oder dritten Gebärenden werden lediglich 30 Prozent des bereits gekürzten Stundenlohns gezahlt – trotz voller Verantwortung.
- Der 1:1-Bonus benachteiligt Beleghebammen finanziell, sobald sie zwei Frauen gleichzeitig betreuen – was im Klinikalltag oft notwendig ist.
- Nacht- und Wochenendzuschläge sollen von 20 Prozent auf 17 Prozent gekürzt werden.
- Die Tatsache, dass Dienstbeleghebammen auch bei geringem oder ausbleibendem Arbeitsaufkommen unbezahlt in Bereitschaft sind, bleibt weiterhin unberücksichtigt
Es gibt aber auch Kritik an der Petition von Hebammen:
Im Pro & Kontra der OpenPetition-Plattform schreiben User: „Die Vergütung hat sich durch den Vertrag deutlich gebessert – endlich werden wir für die Wochenbettbesuche nicht nur als Pauschale (ca 20min), sondern für die tatsächliche Zeit bezahlt. Für die Dienst- Beleghebammen ist es negativ- für ALLE anderen, selbstständige Hebammen eine in vielem eine deutliche Verbesserung. Den ganzen Vertrag dadurch widerrufen zu wollen finde ich undifferenziert und zum Nachteil der meisten, selbständig arbeitenden Hebammen!“
„Der alte Vertrag setzte Anreize möglichst viele Geburten parallel zu betreuen und bescherte dadurch Beleghebammen hohe Stundenlöhne für knapp belegte Schichten. Diesen Fehlanreiz für knapp belegte Schichten gleicht der neue Vertrag endlich aus und honoriert eine intensivere Betreuung, die sowohl den Hebammen als auch den Gebärenden zu gute kommt.“
„Warum sollen Hebammen mehr Geld bekommen als Gynäkologische Praxen obwohl kein Studium absolviert wurden? Die Bürokratie sollte für alle gleich sein. Das Nutzen von Krankenhaus-Gerätschaften sollte den freien Hebammen in Rechnung gestellt werden! Dann würde die ganze Diskussion gar nicht auftreten.“
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