Villa Eugenie Radebeul Villa Eugenie Geschichte Eduard Bilz Straße 42 Radebeul Fisch Buhlig Radebeul Gebrüder Ziller Villa Oberlößnitz historische Villen Radebeul alte Fotos Radebeul Zeitgeschichte Historische Häuser Radebeul Villa Eugenie Dokumente Fotos Radebeul Erinnerungen gesuchtTom Szymkowiak sucht Erinnerungen, Fotos und Dokumente über die Villa Eugenie. Foto: © Branczeisz

Manchmal genügt eine einzige Frage, um eine ganze Stadt in Bewegung zu bringen. Als Tom Szymkowiak vor einiger Zeit auf Facebook wissen wollte, ob sich noch jemand an das Zierfischgeschäft „Fisch Buhlig“ auf der Eduard-Bilz-Straße 42 erinnert, rechnete er mit ein paar Kommentaren. Was folgte, war etwas ganz anderes: Erinnerungen aus Kindertagen, kleine Alltagsgeschichten, Gerüche, Farben, staunende Blicke vor Aquarienscheiben. Radebeul erzählte – und erzählte viel.

Der „Villa-Kolbe-Effekt“, wie Szymkowiak diese Resonanz augenzwinkernd nennt, überraschte selbst ihn. Zwar war bekannt, dass „Fisch Buhlig“ eine feste Größe im Stadtleben war, ein Ort, an dem sich Generationen die Nase an den Aquarien plattdrückten. Kaulquappen und Wasserflöhe galten als besondere Renner. Doch wie tief diese Erinnerungen noch verankert sind, zeigte erst die Flut der Reaktionen.

Auch ganz real waren die Spuren dieser Zeit noch, als Tom Szymkowiak die Villa im Jahr 2006 erwarb. Im Obergeschoss standen rund 50 Aquarien aus dem ehemaligen Ladengeschäft. „Zunächst wusste ich gar nicht, wie das zusammenhängt“, erzählt er. Die vorherigen Besitzer hatten das Inventar lediglich beiseitegestellt. Erst nach und nach erschloss sich die Geschichte des Hauses.

Heute ist die Villa umfassend saniert. In den oberen Etagen leben Mieter, im Parterre wohnen Szymkowiaks selbst. Doch mit der baulichen Erneuerung wächst der Wunsch, auch die Vergangenheit der Villa Eugenie wieder sichtbar zu machen. Deshalb richtet sich Tom Szymkowiak nun mit einem klaren Aufruf an die Radebeuler: Gesucht werden alte Fotos, Dokumente und persönliche Geschichten zur Villa Eugenie.

Das Haus selbst liegt anmutig und einladend im oberen Teil der ehemaligen Sophienstraße, einst eine Vorzeigestraße der Baumeister Ziller. Hohe Bäume rahmen das helle Gebäude, Blumenbüsche beleben die großen Rasenflächen, im Vorgarten plätschert eine kleine Fontäne. Im geschwungenen Giebel prangt in großen Buchstaben der Name der Villa: EUGENIE – heute ein seltener Name, hier aber mit Geschichte.

Die ersten Besitzer waren Hermann Villnow und seine Frau Eugenie. Villnow, Major z. D., wurde am 27. Februar 1848 in Pritzig geboren und starb am 9. April 1913 in Oberlößnitz. Der Name Villnow ist in Sachsen selten. Die Familie stammte ursprünglich aus Pommern und kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Sachsen. Hier lernte Hermann Villnow seine spätere Frau Eugenie Kressner kennen. Ihre Familie war in Chemnitz ansässig und besaß Textilfabriken im Schweizertal.

Ende des 19. Jahrhunderts war es bei Offizieren, Beamten, Adelsfamilien und wohlhabenden Unternehmern Mode, in landschaftlich reizvollen Gegenden ein Haus zu besitzen. Auch Mitglieder der Familien Villnow und Kressner zog es in die schöne Oberlößnitz. Nach dem Tod des Kommerzienrates Wilhelm Kressner im Jahr 1895 erwarben Hermann und Eugenie Villnow das Grundstück auf der damaligen Sophienstraße Nr. 14. Zur gleichen Zeit kaufte Eugenies Bruder Rudolf Kressner eine herrschaftliche Villa auf der Schuchstraße 4. Beide Häuser stammen in ihren Grundformen von den Gebrüdern Ziller und wurden später umgebaut. Die Verbindung zwischen den Familien ging offenbar über das Bauliche hinaus: Später heiratete eine Tochter der Villnows in die Familie Ziller ein. Bemerkenswert ist auch, dass die Mutter von Joachim Ziller lange Zeit selbst auf der Eduard-Bilz-Straße 42 lebte.

Die Umbrüche des 20. Jahrhunderts hinterließen deutliche Spuren. Der Erste und Zweite Weltkrieg sowie die Zeit danach veränderten die Lebensverhältnisse grundlegend. Das Haus wurde mit Einquartierungen belegt, die großzügigen Räume aufgeteilt, Nebengelasse verstellten die Anlage, der Park wurde zur Nutzfläche. In dieser Phase zog der Fischhändler Buhlig ein – mit Aquarien, Fischgeruch und einem neuen Kapitel Hausgeschichte.

Doch auch davor hatte das Untergeschoss bereits eine besondere Nutzung erfahren. Dort befand sich zeitweise ein schlichtes Bildhaueratelier. Magdalena Kressner, geboren 1899, fand hier nach dem Angriff auf Dresden eine bescheidene Wohnstatt. Ihr gesamtes Frühwerk war den Flammen zum Opfer gefallen. In der Villa schuf sie unter anderem das sieben Meter lange und einen Meter hohe Relief „Schwanensee“, das später in Bronze gegossen das ehemalige Hotel Newa schmückte. In Radebeul selbst erinnert heute nur noch eine Kreuzigungsgruppe in der Friedhofskapelle Ost an die akademische Bildhauerin, die 1975 starb.

Anfang der 1990er Jahre wurde das Ladengeschäft von „Fisch Buhlig“ geschlossen, die Villa endgültig zum Wohnhaus umgewandelt. Nach der Wende erwarben die Ehepaare Hübsch und Kunze das Grundstück, bevor es 2006 an Thomas Szymkowiak überging.

Villnow – Ziller – Kressner – Buhlig – Kunze – Szymkowiak: Die Abfolge der Hausherren liest sich wie ein Spiegel der Zeit. Genau diese vielschichtige Geschichte soll nun weiter ergänzt werden. Wer alte Fotos besitzt, Schriftstücke aufbewahrt hat oder persönliche Erinnerungen mit der Villa Eugenie verbindet, ist eingeladen, sie zu teilen. Denn jede Geschichte, jedes Dokument fügt ein weiteres Mosaiksteinchen hinzu – und lässt die Villa nicht nur schön restauriert, sondern auch lebendig erzählt erscheinen.

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